• (c) ARGE Frett/ Puschmann

Allein oder zu Zweit?

Die Frage nach der kollektiven Einsamkeit

Performative Stadtforschung fragt nach, ob Städte Menschen an eine kollektive Einsamkeit gewöhnen.

Es entstand alles vor zwei Jahren im Rahmen eines interdisziplinären Workshops vom Studio Makkink & Bey am MAK in Wien. Im Kontext von Stadtsituationsanalysen verlangte der Workshop „research tools“ fremde Personen im öffentlichen Raum anzusprechen. „Never Walk Alone war damals unser Workshopbeitrag und versteht sich als intuitiver Prototyp im Community-Service“ erzählt der Architekt Christopher Frett. Er und der Produktdesigner Florian Puschmann riefen „Never Walk Alone“ ins Leben und zielen damit gegen die Abschottung des Einzelnen.

(c) ARGE Frett/ Puschmann
(c) ARGE Frett/ Puschmann

„Städte wachsen. 2060 werden 60% der Weltbevölkerung in Städten leben. Dennoch muss man sich bei all diesem Zuzug fragen, ob Städte Menschen an eine kollektive Einsamkeit gewöhnen“, erklärt Frett die Hintergedanken des Projektes. Graz hat mit 33% den höchsten Anteil an Single-Haushalten in Österreich. Sind wir alle zusammen einsam?

Mit der Frage „Allein oder zu zweit?“ treten die VersuchsleiterInnen, oder auch Walker genannt, an PassantenInnen heran. Eine einzelne Frage öffnet die Möglichkeit zu einem gemeinsamen Erlebnis welches rund zwei bis fünf Minuten dauert.

„Am Boden befinden sich Markierungen, einfache Handlungsweisen“, beschreibt Frett. Mit einem weißen Mittelstreifen wird bei „Never Walk Alone“ eine beliebige Straße in zwei Hälften geteilt: die Linke Hälfte ist mittels Piktogramm für alleine Gehende, die Rechte für begleitete Personen vorgesehen. Mit der direkten Fragestellung der Walker an die Passanten, welche Seite sie denn lieber nehmen würden, eröffnen sich für einen kurzen Zeitraum neue Verhaltensmodi im öffentlichen Raum.

(c) Johanna Lamprecht
(c) Johanna Lamprecht

Die Reaktionen auf die Frage waren unterschiedlich. Während die Einen, wie Frett berichtet, sich sehr gern begleiten ließen, wollten die Anderen einfach nur in Ruhe gelassen werden. In Summe kam aber hauptsächlich schönes, positives Feedback zurück.

Und was erzählt man sich so, auf der kurzen Strecke inmitten der Stadt, die man gemeinsam geht? „Ach, die Leute haben uns alles Mögliche erzählt. Meist unterhielt man sich aber mit Ihnen darüber woher sie gerade kommen, wohn sie jetzt gehen.“

Für die Ausstellung im Rahmen des Architektursommers zu ihrem Projekt wurden die Forschungsergebnisse offen und laborhaft dargestellt. Das bedeutete eine lose organisierte und reflektierte Sammlung zum Themenfeld „Mensch und Öffentlicher Raum“ gegliedert in „StadtnutzerInnen“, „Planung/Forschung“ und „Kunst/Intervention“.

Kommentare und künstlerische Positionen kamen dazu von der Designerin Rianne Makkink, der Tänzerin Veza Maria Fernandez Wenger, dem Soziologen Rainer Rosegger, der Autorin Denise Hélène Sumi und dem Zeichner Christian Alltag.

(c) Johanna Lamprecht
(c) Johanna Lamprecht

Und wer an jenem Eröffnungsabend im HDA auch noch ein Freibier wollte, der musste dafür einfach nur mit einer zweiten Person rein in einen Hula-Hoop Reifen. Das wars dann mit der Vereinsamung. Zumindest für einen Abend.

Die Schöpfer von “Never Walk Alone” werden übrigens auch weiterhin im Feld der Stadtforschung miteinander arbeiten. Wer also mehr von Frett& Puschmann sehen oder gemeinsam mit ihnen spazieren möchte, der kommt als nächstes beim Urbanize Festival in Wien in den Genuss.